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Politische Kindermedizin ist eine Plattform engagierter Kinder- und Jugendmediziner*innen und anderer im Kinder- und Jugendbereich engagierter Berufsgruppen.

STÄRKUNG VON JUGENDLICHEN MIT CHRONISCHER ERKRANKUNG: EIN PROJEKT FÜR JUGENDLICHE MIT TYP 1 DIABETES

Geschrieben am .

In der Ideenwerkstatt des KinderÄrzt*innenNetzwerks wurde bereits 2020 über die Stärkung von Familien mit chronisch kranken Kindern diskutiert. Einer der Träume damals waren Zentren für Psychoedukation von Eltern und altersentsprechend für Kinder. Von den angedachten häufigen chronischen Erkrankungen wie Asthma bronchiale, Diabetes Typ 1, Epilepsie, Adipositas, Rheuma, wurde mit Ideen für Familien mit Diabetes begonnen.

Es entstand die Gruppe „Diabetes DA MA WOS“, in der ein multiprofessionelles Team, bestehend aus einer Kinderdiabetologin, einer Diätologin und einer klinischen Psychologin, eine Peer-Support Gruppe für Jugendliche mit Typ1-Diabetes, „Diabetes – Let`s Get Going“, begleitet.  Den Jugendlichen wurde eine Plattform angeboten, über die sie sich regelmäßig austauschen können, online sowie vor Ort. Es finden Diskussionsrunden, Ausflüge und Projekte statt, in denen Skills erworben und Bewältigungsstrategien geübt werden. Themen wie „Opfer oder Held – wie sehe ich mich mit meinem Diabetes?“, „I am a Diabadass - what´s your superpower?“ stehen am Programm. Der Peer-to-Peer Austausch bildet die Grundlage, der fachliche Input ergänzt diese und die Vernetzung bzw. die Initiierung weiterer T1D-Projekte bietet die Möglichkeit des Wachstums und der Erhöhung der Reichweite. 2022 stand die Peergroup einigen nach Flucht ankommen-den ukrainischen Familien mit ihren Kindern und Jugendlichen zur Seite, half mit dem Diabetesmanagement & knüpfte Kontakte. Die Jugendlichen waren begleitet & gecoacht (z.B. im Umgang mit Trauma) von dem interdisziplinären Team, um dann selbst aktiv werden zu können.

Unabhängig von den Aktivitäten des KinderÄrzt*innenNetzwerks startete die „aks gesundheit“ (Arbeitskreis für Vorsorge- und Sozialmedizin) Vorarlberg im Mai 2021, unterstützt durch eine Förderung der Boltzmann Gesellschaft, mit dem Forschungsprojekt Youngstars 1 (Involving YOUNG people with Type 1 Diabetes in reSearch and the development of healTh cARe activities). Typ-1-Diabetes (T1D) ist eine komplexe Erkrankung. Mit dieser Krankheit zu leben, bedeutet mehrmals täglich den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren, sich Insulin zu spritzen und darauf zu achten, was man isst. Gerade für Teenager eine große Herausforderung. Trotzdem werden sie kaum gefragt, was ihre Situation verbessern könnte. Im partizipativen Projekt rund um Typ1 Diabetes haben Forscher:innen vom Forschungszentrum Nutzerzentrierte Technologien der FH Vorarlberg zusammen mit dem Wissenschaftsbereich von „aks gesundheit“ Jugendliche in einen Forschungsprozess eingeladen und sind in die Lebenswelt der Jugendlichen eingetaucht. Gemeinsam mit jungen Menschen, die mit Typ1 Diabetes leben, gingen die Forschenden wichtigen Fragestellungen zum Leben mit 1 Diabetes und erforderlichen Unterstützungsformen nach. In der kurzen Zeit von einem Jahr war es gelungen, kleine und auch größere Hebel zu definieren, die maßgeblich dazu beitragen, die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen mit Typ1 Diabetes zu verbessern. Im Sinn von „Nothing about us, without us.“

Hier ein Auszug aus dem Aktionsplan:

2023 gelingt eine Vernetzung der beiden Gruppen Youngstars 1 und Diabetes Let`s Get Going, des östlichsten mit dem westlichsten Bundesland, über ein neues Diabetes-Forschungsprojekt, das sich vor allem das Ziel 5, aber auch die Teil-Ziele 1-4 des Aktionsplans vornimmt und eine Vision entwickelt: ein Konzept für einen österreichweiten Chat für Jugendliche mit T1D aufzustellen. Jugendliche sollen die Möglichkeit haben, ihre Fragen rund um T1D jederzeit und anonym stellen zu können. Manchmal wollen die Jugendlichen mit T1D nicht in der Ambulanz oder bei den Eltern nachfragen, manchmal gibt es Fragen, die nicht jeder hören soll, und dann soll es einen Raum für diese Fragen geben. Der Chat soll sowohl einen Peer-Support und eine Vernetzungsmöglichkeit anbieten, aber auch Antworten von den supervidierenden Experten*innen einfließen lassen. [1] [2]

Zum einen sollen leichtverständliche und geprüfte Gesundheitsinformationen vermittelt werden und zum anderen soll es auch die Möglichkeit geben sich zu vernetzen, etwa indem regional Gruppen über den Chat aufgebaut werden können.

Das ist der aktuelle Stand des Projekts: Ausarbeitung von detaillierten Anforderungsspezifikationen für einen Chat, um dann einen Antrag mit Mitteln für Umsetzung und Implementierung des Chats anschließen zu können.

Das Projekt hat ein konkretes Erfolgsangebot als Kooperationspartner: open2chat, ein gemeinsames Projekt von Caritas, Karl Landsteiner Universität, Ludwig Boltzmann Institut, Pädagogische Hochschule NÖ und Sozialministeriumservice, kostenfrei und anonym.

www.open2chat.at  ist ein gut angenommenes Angebot von speziell ausgebildeten Jugendlichen zwischen 16 und 21 Jahren für Jugendliche, mit der Möglichkeit, online mit Gleichaltrigen über ihre Sorgen, Fragen und Probleme zu chatten. Die Begleiter*innen werden dabei durch erfahrene Berater*innen und Psychotherapeut*innen unterstützt.

Wir wünschen dem Peer-to-Peer-Chat für Jugendliche mit Typ 1 Diabetes eine baldige Realisierung durch öffentliche und/ oder private Sponsoren, die die Belastung von Kindern und Jugendlichen mit einer chronischen Krankheit verstehen und wissen, dass eine sichergestellte soziale Unterstützung (gerade dann, wenn Eltern nicht so unterstützen können) einen hohen protektiven Wert für die Entwicklung psychischer und körperlicher Folgeerkrankungen des Diabetes hat.

Insofern müssen wir für die Stärkung von allen Familien mit chronisch kranken Kindern kämpfen und schon allein aus wirtschaftlichen Gründen wegen des hohen Social Return of Investment ähnliche Angebote fordern.

Christine Fröhlich

Vorstandsmitglied der PKM

 

 

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